Höchster Windmessmast der Welt nimmt Betrieb in Jüchen (NRW) auf
Neben dem Tagebau Garzweiler in Nordrhein-Westfalen wird GICON® das weitere Potential von Höhenwind erforschen
Jüchen, [30.10.2024] 300 Meter hoch ist der höchste Windmessmast der Welt und rund 70 Tonnen schwer. Ein schlankes, transparentes Bauwerk, das ab heute im Windpark Jüchen A44n steht und dort in Weltrekordhöhe das Windpotential für mindestens zwölf Monate ermitteln wird. Mit seinen 46 Messinstrumenten ausgestattet, misst er neben der Windgeschwindigkeit auch die Temperaturen, den Luftdruck und die Luftfeuchte. Die verschiedenen Sensoren sind jeweils im Abstand von 25 Metern angebracht, um über das gesamte Höhenprofil bis zur Spitze in 300 Metern Höhe verlässliche Werte zu ermitteln. Vor Jüchen war der Mast bereits im brandenburgischen Klettwitz in Betrieb.
Inbetriebnahme und Beitrag zur Energiewende
Der Mast spielt für GICON® -Geschäftsführer Prof. Jochen Großmann eine zentrale Rolle bei der Entwicklung von Höhenwindrädern und der Etablierung von regenerativen Hybridkraftwerken.
„Der Windmessmast bildet mit seinen umfangreichen Messungen die Grundlage für die Entwicklung von Höhenwindrädern, mit denen wir einen substantiellen Beitrag zur Energiewende leisten wollen. Mit ihrer Nabenhöhe von 300 Metern rechnen wir aufgrund der besseren Windverhältnisse mit einem mehr als doppelt so hohen Ertrag wie bei aktuellen Anlagen. Der Standort in der Nähe einer Tagebaufläche wurde bewusst gewählt, da hier ein großes Potential schlummert. Viele der Flächen werden in den kommenden Jahren stillgelegt und müssen anderweitig nachgenutzt werden. Dadurch, dass sich in vielen Gebieten bereits Windkraftanlagen befinden, können wir existierende Netzanschlüsse nutzen und müssen keine neuen Flächen erschließen“, erläutert er seine Vision und die Vorteile des neuen Standortes. Darüber hinaus seien die atmosphärischen Bedingungen und die Windverhältnisse in Nordrhein-Westfalen andere als in Brandenburg. Da es sich bei beiden Standorten jedoch um ehemalige Tagebauflächen handele, könne man die Geländeverhältnisse miteinander vergleichen, so Prof. Großmann.
Am 30. Oktober 2024 erfolgte die Inbetriebnahme im Beisein von Vertretern aus Politik und Wirtschaft. Neben den Vertretern von beventum und GICON® betonten der Bürgermeister von Jüchen, Harald Zillikens, Ansgar Heveling MdB sowie der Umweltdezernent des Rhein-Kreises Neuss Gregor Küpper die Bedeutung zukunftsweisender Technologien für die Region sowie der Umsetzung entsprechender Forschungsvorhaben.
Der Mast mit seinen 99 Einzelelementen wurde vom Ingenieurdienstleister GICON® im Auftrag der beventum GmbH von der Planung bis zur Inbetriebnahme komplett aus einer Hand realisiert. Die beventum GmbH ist ein Tochterunternehmen der Bundesagentur für Sprunginnovation SPRIND und wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung finanziert. Die Errichtung erfolgte seit Mai 2024 durch Spezialisten und Industriekletterer der Firma Ge:Net GmbH.
Mit dem Messmast werden zudem zwei auf 300 Meter kalibrierte LiDAR-Systeme Messungen vom Boden aus durchführen. Das LiDAR-System verwendet dafür Radarwellen, um optisch Abstands- und Geschwindigkeitsmessungen durchzuführen. Mit kalibriertem LiDAR-System können damit zukünftig Höhenwindmessungen deutlich einfacher durchgeführt und der Einsatz von Windmessmasten verkürzt werden oder unter Umständen komplett entfallen.
Standortvorteil Windenergie
Eine möglichst starke Nutzung von Windenergie wiederum ist nicht nur ein Beitrag zu mehr Klimaschutz, sondern auch ein Symbol für die gelingende Transformation der Wirtschaft. Denn je mehr und günstiger Erneuerbare Energie verfügbar ist, desto attraktiver wird ein Standort für Unternehmen mit stromintensiver Produktion. Das stärkt die umliegenden Regionen und schafft hochqualifizierte Arbeitsplätze. Trotz Wegfall des Energieträgers Kohle bestehen somit weiterhin große wirtschaftliche Chancen für die betroffenen Gebiete.
Genau hier setzen die SPRIND und ihre Tochter beventum GmbH an. Ihr Ziel ist es, zwei Herausforderungen gleichzeitig anzugehen: Windkraftanlagen überall zu ermöglichen, wo sie akzeptiert und sinnvoll sind und Erschließung des Höhenwindes, so dass dadurch überall in Deutschland Strom zum akzeptablen Preisen am gewünschten Ort erzeugt werden kann. Immerhin ist Strom aus Windenergie heute schon der bedeutendste erneuerbare Energieträger in Deutschland.
Vielversprechende Messergebnisse aus Brandenburg
„Die Messungen in Brandenburg zeigen, dass Winde in 300 Metern Höhe stärker und beständiger wehen als in niedrigeren Höhen. Wenn sich diese in Jüchen bestätigen, haben wir gute Gründe anzunehmen, dass wir zukünftig Windenergie nach Bedarf und Akzeptanz erzeugen können“, erklärt Dr. Chaumet, Innovationsmanager der SPRIND und Geschäftsführer der beventum GmbH. Dazu können Vorhaben wie das 365 Meter hohe GICON®-Höhenwindrad (Nabenhöhe 300 Meter) als zweite Ebene sowohl in bestehende als auch in zukünftigen Windparks integriert werden, was den Flächenbedarf enorm reduziert. Sogar windärmere Regionen könnten durch Höhenwindräder durchgängig mit grünem Strom versorgt werden.
Gute Nachrichten gibt es auch für den Naturschutz, denn die am Mast angebrachten Batcorder, welche die Ultraschalllaute von Fledermäusen in hörbare Laute umwandeln, haben in den bisherigen Messungen bestätigt, dass das Vorkommen der Tiere mit zunehmender Höhe signifikant zurückgeht.
Auf Basis der gewonnenen Daten hat im September 2024 in unmittelbarer Nähe des bisherigen Standortes des Windmessmastes in Brandenburg der Bau des ersten GICON®-Höhenwindrades begonnen. An diesem Konzept eines teleskopierbarer Gittermastturms arbeitet GICON® seit nunmehr zehn Jahren. Neben dem Bau von bis zu 1000 GICON®-Höhenwindrädern bis 2030 hat Prof. Jochen Großmann bereits weitere Pläne in der Schublade. „Höhenwindräder können nicht nur bestehende Windparks ergänzen, sondern in Verbindung mit Solar- und Speicheranlagen zu kompletten ökologischen Hybridkraftwerken – sogenannten grundlastfähigen Grünstromkraftwerken ausgebaut werden. Ehemalige Braunkohleflächen wie in Brandenburg und Nordrhein-Westfalen können damit aufgewertet und zur Basis für modernste Industrieansiedlungen avancieren.“